5 Fragen
an
den
Architekten

Der Grazer Architekt Karlheinz Boiger aus dem Team Hohensinn Architektur hat enna als erstes deklariertes Work-Life-Building entwickelt. Und das aufbauend auf einer bestehenden Struktur. Ein komplexes Unterfangen, das Fragen aufwirft.

1.

Warum ist Refurbishment in der Architektur so wichtig?

In der aktuell so relevanten Klimadebatte spielen die Themen Ressourcenschonung und Bodenversiegelung eine sehr große Rolle. Tatsache ist: Wir können nicht alle 50 Jahre eine ganze Stadt wegschieben und neu, modern bauen. Daher wird es gerade im urbanen Raum immer wichtiger, nicht immer abzureißen und neu zu bauen, sondern stattdessen Bestandsgebäude zu redesignen oder zu transformieren. Damit kann man Gebäude in einen zweiten, neuen Lebenszyklus führen. Im Fall von enna sichern wir durch das Refurbishment der bestehenden Grundstruktur ungefähr 60 Prozent an Ressourcen.

2.

Warum bildet der Aspekt des Refurbishments die Grundlage des Work-Life-Buildings?

Ich kann in Wahrheit schlecht von einem Work-Life-Building sprechen, wenn wir im gleichen Atemzug extrem viele Ressourcen dafür aufgewendet habe. Letztlich geht es beim Work-Life-Building darum, dass wir als Individuen und als Unternehmen immer im Kontext mit unserem Klima leben. Somit liegt es an uns selbst, dass wir Mikroklimata schaffen, die uns guttun. Schlussendlich bietet das Gebäude uns Menschen den Raum für unseren Arbeitsplatz. Und weil wir in diesen Räumen sehr viel Zeit – 80 Prozent unserer gesamten Arbeitszeit nämlich – verbringen, geht es zusätzlich darum, sehr viel Kommunikation zu ermöglichen, aber auch Rückzugsbereiche zu bieten. Das heißt, dieses Mikroklima ist jetzt nicht nur physikalisch und klimatisch gedacht, sondern auch sozial ganz wichtig.

3.

Mit welchen architektonischen Methoden lässt sich diese Idee der besonderen Mikroklimata intensivieren?

Um kreativ arbeiten zu können, braucht es vor allem eines: Austausch. Und gerade beim Work-Life-Building geht es um diese Interaktion. Wir Menschen leben nie komplett isoliert, da werden wir krank. Genauso ist es beim Arbeiten auch. Deswegen entwickeln sich Bürokonzepte auch stetig weg vom Einzelbüro, wo sich jeder einsperrt, hin zu offenen Konzepten, bei denen der Arbeitsplatz zu einer Art Playground wird, bei denen eine Wohnzimmeratmosphäre geschaffen wird, in der man sich gerne aufhält. Grundsätzlich arbeiten wir deshalb bei enna mit besonders viel Transparenz. Das bedeutet mehr Offenheit, Aussicht in die Umgebung. So haben wir etwa das Grün des nahen Praters vor Augen und lenken die Blicke auch dorthin. Zudem werden im Gebäude sehr viele Sportoptionen geboten, sie werden regelrecht ins Zentrum gerückt, um das Bilden von Gemeinschaft fördern. In der Erdgeschoßzone etwa gibt es eine Vielzahl an allgemein nutzbaren und offenen Bereichen – also dort, wo man sonst eigentlich eine Mall und viele Shops erwarten würde. Das Gebäude sorgt in seiner Bauweise allein schon dafür, dass Arbeitszeit und Freizeit miteinander verschmelzen. Und das im positivsten Sinne.

4.

Bringen die 34 integrierten Grünflächen wirklich etwas oder sind sie eher Zierde?

Natürlich bringen die was! Das ist tatsächlich so simpel. Damit nicht genug: Es ist in Wahrheit die einzige Möglichkeit, wie wir unsere großen urbanen Räume auch wirtschaftlich und nicht zu kostenintensiv kühlen können. Deshalb haben wir bei enna auf unterschiedlichen Ebenen diese Dachgärten regelrecht als Gartenkaskade etabliert. Das bedeutet auch, dass wir nicht nur einen kühlenden Effekt generieren, sondern aus allen Bürobereichen ein direkter Ausgang ins Freie möglich ist. Und wir wissen längst, wie wichtig es für uns Menschen ist, regelmäßig frische Luft schnappen oder sich kurz ins Grün setzen zu können. Nur so können wir kreativ und leistungsstark bleiben!

5.

Inwiefern reagiert enna auf die aktuellen Bedingungen?

Letztlich zielt enna mit seiner auf vielen statischen Daten basierenden Bauweise darauf ab, dass die Ressource Mensch für Unternehmen sehr viel an Wert gewonnen hat. Wir sehen das überall und können das auch anhand nackter Zahlen ableiten. Es ist in nahezu jeder Branche schwer, gute Mitarbeiter:innen zu finden. Also geht es stärker denn je nicht nur darum, die besten Köpfe zu finden – sondern vor allem darum, sie gleichzeitig auch zu binden. Der Mensch steht plötzlich im Mittelpunkt, und wenn man ein attraktives Umfeld schafft, schafft man auch motivierte Mitarbeiter:innen und sorgt dafür, dass das Unternehmen tolle Produkte anbieten kann. Das heißt: Als Mitarbeiter:in sucht man solche Arbeitsumfelder, und umgekehrt suchen Unternehmen Gebäude – wie eben enna –, in dem sie solche Umfelder etablieren können.